AUSGEPLÜNDERT - Teil 4

AUSGEPLÜNDERT 04

Das große Finale – Alles verschwindet am Ende

Wenn Sie bis zu diesem Absatz an so etwas wie Steuergerechtigkeit geglaubt haben, muss ich Sie jetzt leider enttäuschen. Es ist tatsächlich so, dass sich das Guthaben aus der Mindestkörperschaftsteuer in Luft auflöst, sowohl im Falle einer Betriebsstilllegung als auch im Falle eines Konkurses.

Wenn sich Anton und Bernhard, die beiden Gesellschafter der ´still alive GmbH´ Ende 2020, aufgrund einer zu erwartenden Rezession, entscheiden die Geschäftstätigkeit einzustellen verschwindet das angehäuftes Mindestkörperschaftsteuer-Guthaben in der Höhe von 17.750 Euro auf NIMMERWIEDERSEHEN.

Obwohl Anton und Bernhard mit viel Einsatz und durch vorsichtiges und sparsames Wirtschaften, ihren Betrieb 12 Jahre lang geführt haben, wurde das Eigenkapital der GmbH durch die Mindestkörperschaftsteuer um mehr als die Hälfte reduziert. Nur zur Erinnerung, das Eigenkapital der GmbH, das waren die privaten Ersparnisse von Anton und Bernhard zum Zeitpunkt der Gründung im Jahr 2008.

Es gibt zweifelsohne angenehmere Möglichkeiten, sich von der Hälfte seiner Ersparnisse zu trennen. "Strafsteuer" wäre eine möglicherweise treffendere Bezeichnung für die Mindestkörperschaftsteuer. Wenn ihnen das als unbotmäßige Übertreibung erscheint, schlage ich „teuerste Kontoführungsgebühr der Republik“ vor, was für viele Kleinst- und Klein-GmbHs ebenso den Nagel auf den Kopf trifft.

Dass sich Wirtschaftspolitik nicht zwangsweise an der Mehrheit der österreichischen Unternehmen und deren Befindlichkeit orientiert zeigt ein Blick auf die Gesamtzahlen österreichischer Privat-Unternehmen.

Wirtschaftspolitik für 0,2% bis 1,2% der österreichischen Betriebe ?!

Die genauen Zahlen für Österreich zu benennen, erweist sich aufgrund der, teilweise abweichender Angaben bzw. Gruppierungen bei den verschiedenen Datenquellen (z.B. Wirtschaftskammer, Statistik Austria, eurostat) als praktisch unmöglich. Nachfolgende Ziffern basieren auf verschiedenen Statistiken der Statistik Austria, die ich teilweise an die KMU Definition der EU angleichen musste. Ich ersuche daher um Nachsicht, falls sich Abweichungen im niedrigen Zehntel-Bereich (0,1%-0,3%) ergeben, wenn sie einen Vergleich mit anderen Datenquellen anstellen.

549.242 = 100%
Gesamtzahl aller österreichischen Unternehmen (100%)

504.918 = 91,93%
Kleinstbetriebe (0-9 Beschäftigte)
darin enthalten ~ 310.000 Betriebe ohne Beschäftigte und Ein-Personen-Unternehmen (EPUs)

37.394 = 6,81%
Kleine Betriebe (10-49 Beschäftigte)

5.714 = 1,04%
Mittlere Unternehmen (50-249 Beschäftigte)

1.216 = 0,22%
Große Unternehmen (mehr als 250 Beschäftigte)

Kleinst- und Kleinbetriebe bilden somit mit 98,19% eine überwältigende Mehrheit und schaffen gemeinsam  42,18% aller Arbeitsplätze für unselbständig Beschäftigte in der Privatwirtschaft. Komplettiert um das ´M´ im Kürzel KMU, ergeben sich dann 63,74%, was in Summe knapp 1,7 Millionen Arbeitsplätze bedeutet.

Fairer Weise muss in diesem Zusammenhang natürlich auch auf die ca. 967.000 Arbeitsplätze (36,53%) hingewiesen werden, die von den lediglich 1.216 großen Unternehmen in Österreich geschaffen werden. Angesichts dieser Zahlen wäre es natürlich vermessen, die Bedeutung dieser 1.216 Unternehmen ´klein-zu-reden´.

So wertvoll dieser Beitrag von so wenigen großen Unternehmen für unsere Volkswirtschaft auch immer sein mag, hunderte oder sogar tausend(e) Arbeitsplätze pro Unternehmen stellen dabei jedoch auch gleichzeitig das stärkste Druckmittel dar, vor dem jede Regierung sprichwörtlich immer wieder ´einknickt´. Für Großbetriebe wurden immer wieder großzügige Förderungen, Hilfsmittel und sonstige Vergünstigungen bereit gestellt, wobei der langfristige wirtschaftliche Nutzen in vielen Fällen zumindest zweifelhaft war.

Die derzeitige Diskussionen rund um die Hilfe für die deutsche Lufthansa-Tochter AUA ist lediglich eine Wiederholung ähnlicher Schauspiele aus der Vergangenheit. Diese medial aufbereitete Wirtschaftspolitik für 0,22% der österreichischen Betriebe, bekommen Herr und Frau Österreicher zum ´mit-diskutieren´ präsentiert.

Selbst extrem aufmerksamen Medienbeobachtern würde es hingegen wohl schwer fallen einen Bericht oder Beitrag zu nennen, der VOR der Corona Krise die Probleme von Kleinst- und Kleinbetrieben zum Thema hatte.

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